Fundstück von Tilman Spengler

Wir können uns einbilden, attraktiver auszusehen, wenn wir dem einen oder anderen Modehinweis folgen. Oder verlockender zu riechen. Wir können auch lernen, raffinierter zu kochen, anmutiger Treppen zu steigen oder tiefer in die Ferne zu reisen. Unsere Gesellschaft und Wirtschaft offerieren ihren Subjekten mannigfaltige Möglichkeiten, ein gefälliges Bild ihrer selbst zu entwerfen oder entwerfen zu lassen.

Aber nachdem scheinbar alles gerichtet ist, die Frisur, die Bügelfalte, die Tischblumen, nachdem der Personal Trainer fürstlich entlohnt, das Aftershave gewandt einmassiert wurde, kommt es unweigerlich zu einer Situation, auf die uns keine herkömmliche Erziehung vorbereitet hat, eine Konstellation, für die jeder brauchbare Ratgeber fehlt. Wir müssen den Mund aufmachen und ein Gespräch führen. Ein Gespräch!

Das Buch von Tilman Spengler: Sind Sie öfter hier? Von der Kunst, ein kluges Gespräch zu führen (2009) beginnt also sehr vielversprechend, aber dann breitet der Autor seine Bildungsschätze, Anekdoten und Beobachtungen vor dem Leser aus. Ich weiß jetzt, was ein Kummerbund ist und dass dieser so gar nichts mit unserem deutschen Wort Kummer zu tun hat.

Doch wirklich hilfreich ist das nicht und überhaupt auch eher unwahrscheinlich, dass ich je in die Situation komme, dies im Sinne Spenglers in einem Gespräch einfließen zu lassen.

Der Kummerbund ist eine von Männern getragene Schärpe (Leibbinde).

Wahrscheinlich brachten britische Soldaten zur Zeit der britischen Kolonialherrschaft die Schärpenmode aus Indien nach Europa: Wegen des tropischen Klimas war den Offizieren die Weste unter dem Jackett schlicht zu warm. Als Ersatz übernahmen sie die Sitte der Inder, eine Bauchbinde aus edlen Stoffen, den sog. kamarband, zu tragen. Aus Persisch kamarband (= Hüftgürtel) wurde dann phonetisch das noch heute gebräuchliche englische Wort cummerbund (auch cumberbund). Von da war es sprachlich nur noch ein kleiner Schritt zum deutschen Wort Kummerbund, das nichts mit der Bedeutung von Kummer zu tun hat.

Von Indien gelangte die neue Mode dann zunächst nach England, wo die Leibbinde in drei bis vier waagerechten Falten seit 1893 beim Abendanzug eine Alternative zur Weste darstellte. Seit etwa 1930 setzte sich der Kummerbund zum Smoking dann auch im übrigen Europa immer mehr durch.

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Autor: buchpost

- mein buchregal: schon lange ein gegengewicht zu beruf und engstirnigkeit - ziele: horizont weiten, mich vergnügen und das wichtige behalten

2 Kommentare zu „Fundstück von Tilman Spengler“

  1. Hu, ein Gespräch führen! Noch dazu ein kluges! Wie gut, dass einem mal wer sagt, wie das funktioniert … Anmutiges Treppensteigen ist natürlich auch nicht übel ; )
    LIebe Grüße
    Petra

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