Wie immer will ich auch heute einen Blick auf das vergangene Lesejahr werfen, bevor ich mir dann die immerneue Frage stelle, was ich als nächstes aus dem Regal ziehe.
Nachdem wir in den letzten Jahren hellhöriger geworden sind bezüglich der Frage, wie wir Autorinnen im Vergleich zu Autoren wahrnehmen, kann ich vermelden, dass ich – wenn auch nur mit kleinem Vorsprung – mehr Bücher von Frauen als von Männern gelesen habe. Das entscheidende Auswahlkriterium ist das allerdings nach wie vor nicht für mich.
Und die einzigen Bücher, die ich allesamt mit Begeisterung wiedergelesen habe, stammen diesmal ausschließlich von Männern:
- Charles Dickens: Great Expectations (1861)
- Adalbert Stifter: Der Nachsommer (1857)
- Kazuo Ishiguro: The Unconsoled (1995)
Die güldene Himbeere für die hässlichsten Cover teilen sich
- Sigrid Nunez: The Friend (2018)
- Colin Cotterill: The Coroner’s Lunch (2004)
Enttäuschend fand ich
- Susanna Clarke: Piranesi (2020) Zwar hatte ich das eindrückliche Gefühl, zusammen mit der Hauptfigur durch diese labyrinthisch-seltsame Welt zu laufen, allerdings empfand ich diese Welt als beklemmend, ja, als alptraumartig. Ich habe mich beim Lesen unwohl gefühlt. Doch vor allem erschien mir die Auflösung nicht überzeugend, nicht tragfähig genug.
- Thomas Hettche: Herzfaden (2020) – Die Kritiker schrieben ja geradezu verzweifelt herbei, wie genial dieses Buch sei. Ich hielt es für grandios überschätzt.
Folgende Krimis fand ich prima, d. h. eher unterhaltsam, nicht zu brutal, gern auch humorvoll:
- Richard Osman: The Thursday Murder Club (2020)
- Colin Cotterill: The Coroner’s Lunch (2004)
Freundliche Bücher
Es wird Zeit für eine neue Kategorie, die nenne ich jetzt einfach mal freundliche Bücher, Bücher, die Menschenzugewandtheit ausstrahlen, mögen zwar Spuren von Nostalgie enthalten, aber die Grundhaltung ist vor allem eine Mischung von Freundlichkeit, Warmherzigkeit, Anständigkeit, Bescheidenheit (keinesfalls zu verwechseln mit Sentimentalität oder Plattheit), hier also einige freundliche Bücher:
- Dorothy Evelyn Smith: O, The Brave Music (1943)
- Robert Cedric Sherriff: The Fortnight in September (1931)
- Miss Read: Village School (1955)
- Winifred Watson: Miss Pettigrew lives for a Day (1938)
Es gibt Bücher, die gefielen mir, und doch waren sie nur wenige Tage später schon fast nicht mehr abrufbar und verflüchtigten sich, diese Romane jedoch blieben mir im Gedächtnis:
Frauenleben
- Malin Lindroth: Das Leben als alte Jungfer (OA 2018)
- Walter Kappacher: Rosina (1978/2019)
- Katja Oskamp: Marzahn Mon Amour (2019)
Krankheit
- Werner Schneyder: Krebs (2008)
Kultur
- Frank Günther: Unser Shakespeare (2014)
Natur und Reisen
- Eward Abbey: Die Einsamkeit der Wüste (OA 1968)
- Jürgen Goldstein: Die Entdeckung der Natur (2013)
- Sarah Kirsch: Ænglisch (2015)
Nationalsozialismus
- Maria Gräfin von Maltzan: Schlage die Trommel und fürchte dich nicht (1986)
- Eva Sternheim-Peters: Habe ich denn allein gejubelt? (1987/2015)
Und den tiefsten Eindruck hinterlassen haben
- Natsume Sōseki: The Gate (OA 1910)
- Caradog Prichard: one moonlit night (OA 1961). Ein Monolith in der Landschaft der Literatur.
Bleibt in diesem Jahr alle wohlauf und habt immer ein gutes Buch anbei.
Freundliche Bücher – find ich super!
Danke 😎
Gerade bestellt: Caradog Prichard: one moonlit night , thx for advice🙂
Hoffe, es kann dich überzeugen.
„Die Einsamkeit der Wüste“ ist soeben auf den Merkzettel gewandert. Danke für den Tipp!
Immer wieder gern. LG Anna