Fundstücke von Werner Finck

Der Kabarettist Werner Finck, der mir bis zu Hackes Buch Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte unbekannt war, erzählt in seinen Erinnerungen auch ein wenig von den sechs Wochen, die er 1935 im KZ Esterwegen verbringen musste, bevor er auf Anordnung Görings entlassen wurde:

Kahlgeschoren und in Häftlingskleidung gesteckt, ohne Verbindung mit Daheim, einem brutalen Kommandoton ausgeliefert, stupider Willkür ausgeliefert, glaubten wir von jedem Tage, daß er unser letzter werden würde. Und hofften es manchmal sogar. (S. 69)

Eine grauenhafte Welt, aber nicht ohne Komik. Am gespenstischsten war der in diese Zeit fallende erste Pfingstfeiertag. Da mußten wir Kabarettisten unter freiem Himmel einen Kabarettnachmittag veranstalten: ein Einfall der sich langweilenden Lagerleitung.

‚Kameraden‘, begann ich – heiter, wie mein Beruf es verlangt -, ‚Kameraden, wir wollen versuchen, euch heute etwas zu erheitern. Unser Humor wird uns dabei helfen. Obwohl wir Humor und Galgen noch nie so dicht beieinander erlebt haben. Die äußeren Umstände kommen unserem Vorhaben nicht gerade entgegen. Wir brauchen nur auf die hohen Stacheldrahtzäune zu blicken, elektrisch geladen und hochgespannt. Wie eure Erwartungen. […]‘

Und an einer anderen Stelle: ‚Ihr werdet euch bestimmt wundern, wieso wir so munter und fröhlich sind. Nun, Kameraden, das hat seine Gründe: In Berlin waren wir es schon lange nicht mehr. Im Gegenteil. Immer, wenn wir da aufgetreten sind, hatten wir ein unangenehmes Gefühl im Rücken. Das war die Furcht, ins KZ zu kommen. Und seht ihr, jetzt brauchen wir keine Angst mehr zu haben: Wir sind ja drin!‘ (S. 70)

Er schreibt 1945, nach dem Ende des Krieges, über sich selbst:

Es trifft auch nicht zu, daß ich ein aktiver Gegner des dutzendjährigen Reiches war, sonst wäre es mir wahrscheinlich auch nicht mehr möglich, das Gerücht meines Todes zu dementieren. Der passive Widerstand hat mir schon Unannehmlichkeiten genug gebracht. […] War ich nun ein zaghafter Held? Oder ein mutiger Angsthase? Auf alle Fälle ging ich niemals weiter als bis zur äußersten Grenze des gerade noch Erlaubten. […] Nie war die Kunst der geschliffenen politischen Spitze lebensgefährlicher als damals, niemals aber auch so reizvoll. (S. 182)

Aus: Werner Finck: Alter Narr – was nun? Die Geschichte meiner Zeit, Bertelsmann Verlag, Gütersloh, o. J.

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Autor: buchpost

- mein buchregal: schon lange ein gegengewicht zu beruf und engstirnigkeit - ziele: horizont weiten, mich vergnügen und das wichtige behalten

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