Fundstück von Kenneth Grahame zum Frühjahrsputz

The Mole had been working very hard all the morning, spring-cleaning his little home. First with brooms, then with dusters; then on ladders and steps and chairs, with a brush and a pail of whitewash; till he had dust in his throat and eyes, and splashes of whitewash all over his black fur, and an aching back and weary arms. Spring was moving in the air above and in the earth below and around him, penetrating even his little house with its spirit of divine discontent and longing. It was small wonder, then, that he suddenly flung down his brush on the floor, said “Bother!“ and “O blow!“ and also “Hang spring-cleaning“ and bolted out of the house without even waiting to put on his coat. Something up above was calling him imperiously […] So he scraped and scratched and scrabbled and scrooged and then he scrooged again and scrabbled and scratched and scraped, working busily with his little paws and muttering to himself, “Up we go! Up we go!“ till at last, pop! his snout came out into the sunlight, and he found himself rolling in the warm grass of a great meadow.

So beginnt der englische Kinderbuchklassiker Wind in the Willows von Kenneth Grahame (1859 – 1932).

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Peter Hunt: Die Erfindung von Alice im Wunderland – Wie alles begann (OA 2020)

Schon 1932, als sich der Geburtstag des Erfinders der Alice-Bücher zum hundertsten Male jährte, stöhnte Gilbert K. Chesterton, dass die Alice-Bücher von Lewis Carroll, inzwischen von Kritikern und Gelehrten übernommen, vereinnahmt, befragt, gedeutet und auseindergenommen wurden.

Poor, poor, little Alice […] she has not only been caught and made to do lessons; she has been forced to inflict lessons on others. Alice is now not only a schoolgirl but a schoolmistress. The holiday is over and Dodgson is again a don. There will be lots and lots of examination papers, with questions like: (1) What do you know of the following; mimsy, gimble, haddocks‘ eyes, treacle-wells, beautiful soup? (2) Record all the moves in the chess game in Through the Looking-Glass, and give diagram. […] Distinguish between Tweedledum and Tweededee. (The Annotated Alice; hrsg. von Martin Gardner, erweiterte Ausgabe von Mark Burstein, 2015, W. W. Norton & Company, New York, S. xiii)

Das hat Peter Hunt (*1945), emeritierter Professor für Kinderliteratur, nicht davon abgehalten, der inzwischen unüberschaubaren Menge an Büchern und Artikeln ein weiteres unterhaltsames und informatives Werk hinzufügen. Es wurde – übersetzt von Gisella M. Vorderobermeier – 2021 von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft unter dem Titel Die Erfindung von Alice im Wunderland – Wie alles begann veröffentlicht.

An dieser Stelle meinen herzlichen Dank für die Bereitstellung eines Besprechungsexemplars!

Die Bücher Charles Lutwidge Dodgsons (1832 – 1898) werden hier sozusagen vom Kopf auf die Füße gestellt.

Im Dezember 1865 brachte der Londoner Verleger Macmillan das Buch eines 33-jährigen Mathematikdozenten aus Oxford, Charles Dodgson, heraus. Es war zu einer gewissen Verzögerung gekommen, da die Qualität seines ersten Drucks, für den Dodgson selbst aufgekommen war – was ihn fast ein Jahresgehalt gekostet hatte -, nicht seinen peniblen Ansprüchen genügte. Es war ein Kinderbuch, aber ein eher eigenartiges, denn es war vom seinerzeit berühmtesten Illustrator und Satiriker, John Tenniel, illustriert, und seltsamer noch: Es unterschied sich von fast jedem bisher erschienenen Kinderbuch darin, dass dahinter keine moralische Aussage zu stehen schien. (S. 9)

Hunt unternimmt hier den Versuch, uns wesentliche Erkenntnisse der über hundertfünfzigjährigen Auseinandersetzung mit Carrolls Werk in knapp über 100 kurzweiligen Seiten nahezubringen, die mit Informationen vollgepackt sind. Davon nimmt die großzügige Bebilderung ungefähr die Hälfte der Seiten ein.

Der Autor möchte die „verschiedenen Schichten von Ideen“ untersuchen, die bei der Entstehung der Bücher eine Rolle spielten: Das ist für Hunt zum einen die Welt Oxfords, die seine jungen Leserinnen wiedererkannt haben werden, samt vieler Bezugnahmen auf die familiäre Konstellation der realen Alice Liddell.

Des Weiteren fließen die Welt der Politik und der Wissenschaft samt ihrer damaligen Scharmützel (z. B. zur Evolutionstheorie) ein. Und schließlich wäre da noch die „private Welt in Charles Dodgsons Kopf“, die sich u. a. aus Freude an Schach, Theaterleidenschaft, Büchern, Besuchen in London, Lust an Symbolen, purem Nonsens und mathematischen Zahlenspielen zusammensetzt.

Daneben geht es aber auch um die Stellung, die die Alice-Bücher in der Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur haben, waren sie doch – ganz im Gegensatz zur sonstigen zeitgenössischen Literatur für Kinder – frei von jeglichem Moralisieren und erhobenem Zeigefinger. Zudem widmet sich Hunt den kulturellen, musikalischen und literarischen Anspielungen und Persiflagen, die die (erwachsenen) Zeitgenossen Carrolls sofort erkennen und entschlüsseln konnten.

In einem weiteren Kapitel wird nachgezeichnet, wie aus den handschriftlichen Notizen eines Sommertages ein weltweit gelesener Klassiker wurde.

Das ist auf so knapp bemessenem Raum nur möglich, weil Hunt alle vier Alice-Bücher nicht chronologisch, sondern aus verschiedenen Blickwinkeln gleichzeitig betrachtet.

Doch noch einmal zurück zum Urknall dieses literarischen Universums:  Am 4. Juli 1862 unternahmen zwei junge Dozenten, Charles Dodgson (29) und sein Freund Robinson Duckworth (27)

mit dreien der Töchter des Dekans von Christ Church, Henry Liddell, – Lorina (13), Alice (10) und Edith (8) – einen Bootsausflug. Daran ist nichts Ungewöhnliches: Tatsächlich ist es eine Art Mode – und taktisch vermutlich nicht unklug –  unter jungen Dozenten, die Töchter ihrer älteren Kollegen zu solchen Ausflügen mitzunehmen. (S. 17)

Um der kleinen Gesellschaft die Zeit zu vertreiben, erzählt Carroll eine Geschichte, die sich Alice im Nachhinein als Abschrift erbittet. So entsteht die handschriftliche Version Alice’s Adventures Under Ground, die Carroll „seiner kindlichen Freundin Alice Liddell“, der Tochter des Dekans, zueignete.

In den Erinnerungen der Beteiligten Jahre und Jahrzehnte später hat der Ausflug an einem paradiesisch schönen Sommertag stattgefunden. Allerdings war – das kann man überprüfen – das Wetter an diesem Tage regnerisch und eher ungemütlich.

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Von der handschriftlichen Version ausgehend entstand die dann publizierte Version Alice’s Adventures in Wonderland (1865). Es ist anzunehmen, dass in Wonderland mehrere bereits bei anderen Gelegenheiten erzählte Geschichten einflossen. Sechs Jahre später erschien Through the Looking Glass (1871). Und zu guter Letzt gab es die gekürzte Version für jüngere Kinder The Nursery Alice (1889/1890).

Ein wichtiger Aspekt ist Carrolls Freude am Spott, an Ironie. Ständig werden in seinen Werken die Texte zeitgenössischer Lieder, Gedichte und moralisierender Kinderbücher veralbert, umgetextet und persifliert. Auch Zeitgenossen und Kollegen waren nicht davor gefeit, sich plötzlich verfremdet in den Alice-Büchern wiederzufinden. Man mutmaßt sogar, dass Tenniels Zeichnung des großen Welpen aus Alice in Wonderland eine Anpielung auf Charles Darwin sein sollte.

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Nicht vergessen werden darf dabei natürlich Carrolls Liebe zum neuen Medium der Fotografie. Seine Ausrüstung wurde zunehmend professioneller und in seinem Portfolio befanden sich viele Aufnahmen berühmter Zeitgenossen.

Er hatte viele weitere ‚kindliche Freundinnen‘, gab es aber 1880 auf, sie  – oder jemanden sonst – zu fotografieren, teilweise wegen unziemlicher Gerüchte. (S. 110)

Was Hunt nicht explizit nennt, es handelte sich dabei häufig um Nacktaufnahmen junger Mädchen, gern im Alter von ca. sechs Jahren (siehe dazu auch die Abschnitte in Wikipedia unter dem Stichwort Der Fotograf und die Mädchen bzw. Sexual Preferences). Sie verkörperten für ihn Unschuld und vollkommene Schönheit. Carroll war immer darauf aus, die Bekanntschaft junger Mädchen zu machen, und auf Bahnfahrten beispielsweise hatte er immer Spiele dabei, um einen Anknüpfungspunkt zu haben. Jungen hingegen verabscheute er.

Abschließend lässt sich sagen, dass Peter Hunts Streifzug durch die Alice-Bücher informativ und unterhaltsam ist. Dazu ist sein Buch ein Augenschmaus, mit 20 Illustrationen von Tenniel, vielen weiteren Bildern und zeitgenössischen Fotografien. Eine Einladung für alle, die sich auf Spurensuche zu zweien der bekanntesten Kinderbücher der Welt begeben wollen, ohne sich dabei in allzu langen Bibliotheksgängen zu verlaufen.

Gleichwohl eignet sich das Buch nicht unbedingt als Parallellektüre zu den Werken, da Hunt ständig zwischen den Zeiten und den einzelnen Alice-Büchern hin und her springt. Muss es für die Zeitgenossen faszinierend gewesen sein, all die Anspielungen auf reale Orte, Lieder und Texte zu entschlüsseln, ist dieses Vergnügen für die heutige Leserschaft nur noch second-hand über die Erklärungen bewanderter Literaturexperten nachzuvollziehen. Und da wäre es für die LeserInnen möglicherweise hilfreicher, wenn diese Erklärungen dem jeweiligen Alice-Buch zugeordnet worden wären.

Dem leidigen Thema, wie denn nun die „Freundschaft“ eines erwachsenen Mannes zu einer Zehnjährigen oder überhaupt zu kleinen Mädchen zu bewerten sei, geht Hunt weiträumig aus dem Weg. Er wolle eben nicht „gefährlich nahe an halbseidenen Spekulationen über Dodgsons Privatleben entlangsegeln“. (S. 93) Wer wissen möchte, was dazu bekannt ist, sei beispielsweise auf Martin Gardner (siehe unten) hingewiesen.

Was ich vermisst habe, waren Hinweise darauf, wie sehr einzelne Figuren und sprachliche Wendungen aus den Alice-Büchern in die englische Kultur eingegangen sind. Wie selbstverständlich wird davon gesprochen, dass jemand „mad as a hatter“ sei oder sich im „rabbit hole“ der gerade angesagten Verschwörungstheorien verlaufen habe.

Interessant ist Hunts Lesweise der Bücher, deren Rezeption immer auch vom Leser abhänge, aber allemal: Dieses nach-darwin’sche gottlose Universum sei

eine Welt, in der nur der Stärkste überlebt: Alles ist instabil und bedrohlich; fromme Verse erhalten eine grausame Wendung und Alice überlebt nicht durch Verstand oder Souveränität, sondern durch ihr passiv-aggessives Verhalten. Was vielen als ein liberales, befreiendes Bild der Kindheit erschienen ist (und noch erscheint), ist in Wirklichkeit ein Alptraum aus der Zeit nach Darwin. Möglicherweise ist die Tatsache, dass letztlich alles nur ein Traum ist, kein Mangel an feministischer Courage auf Seiten von Dodgson und kein Eingeständnis der Realitäten in Bezug auf die Stellung eines Mädchens in der Gesellschaft, sondern Ausdruck einer verzweifelten Hoffnung, dass sich die Dinge n i c h t ändern mögen. (S. 82)

Wer sich hingegen eine konkrete Lesebegleitung, Seite für Seite, Kapitel für Kapitel wünscht, dem würde ich doch eher zu dem Ziegelstein von Martin Gardner raten, The Annotated Alice, 150th Anniversary Deluxe Edition (2015). Füchterlich unhandlich und schwer, wie all diese wunderbaren kommentierten und illustrierten Ausgaben der W. W. Norton & Company. Aber da bleibt dann wirklich keine Frage offen.

Louisa May Alcott: Little Women (1868/1869)

Das dürfte einer der seltenen Fälle sein, bei denen ich mir ein Buch nicht gekauft habe, weil ich so erpicht auf den Inhalt war – hatte ich dieses Mädchenbuch doch vor Jahrzehnten gelesen -, sondern weil mir eine so unglaublich ansprechend gestaltete Ausgabe der Annotated Books des Verlages W. W. Norton & Company auf der Frankfurter Buchmesse in die Augen gefallen war. Veröffentlicht wurde dieser Trumm, der mit seinen 736 Seiten über zwei Kilo auf die Waage bringt, 2015. Er ist dementsprechend unhandlich und schon deshalb nicht als leichte Gute-Nacht-Lektüre geeignet.

Louisa May Alcott (1832-1888), die zeitlebens davon träumte, irgendwann ein ernstzunehmendes Werk für Erwachsene zu schreiben, steht mit ihren Romanen um die March-Töchter Jo, Amy, Meg und Beth am Anfang der amerikanischen Mädchenliteratur. Der erste Teil der Trilogie wurde 1868/1869 veröffentlicht, wird bis heute gelesen, verfilmt, als Musical auf die Bühne gebracht und wurde in -zig Sprachen übersetzt. Also ganz klar Klassikerstatus.

Kann man das heute noch lesen? Ja, ich finde schon, die Geschichte ist viel weniger eindimensional, als ich das in Erinnerung hatte. In diesem fiktiven Haushalt, der sich über große Strecken an das Leben Alcotts und ihrer drei Schwestern anlehnt, wird gelesen, Theater gespielt, den armen Nachbarn das eigene Frühstück gebracht, da arbeiten die zwei älteren Schwestern, um den stets klammen Familienfinanzen aufzuhelfen, denn der Vater kann seiner Familie kein geregeltes Einkommen bieten. Und was hätte sich bis heute an den individuellen Träumen und Eitelkeiten junger Mädchen geändert?

Meg’s high-heeled slippers were dreadfully tight, and hurt her, though she would not own it, and Jo’s nineteen hairpins all seemed stuck straight into her head, which was not exactly comfortable; but dear me, let us be elegant or die. (S. 39)

Die rührseligen und idealisierten Predigten der Mutter werden erträglich, da sich die Erzählerin immer wieder mit ironischen Seitenhieben einmischt. Amys erste künstlerische Gehversuche werden beispielsweise kräftig veralbert.

… and she daubed away, producing pastoral and marine views, such as were never seen on land or sea. Her monstrosities in the way of cattle would have taken prizes at an agricultural fair; and the perilous pitching of her vessels would have produced sea-sickness in the most nautical observer, if the utter disregard to all known rules of ship building and rigging had not convulsed him with laughter at the first glance. (S. 330)

Da wuppen die Töchter und ihre Mutter zusammen mit dem Dienstmädchen Hannah die ganze Arbeit und die Mutter ist durchaus in der Lage, allein die Verantwortung für die Familie zu tragen, während das männliche Familienoberhaupt den ersten Teil der Geschichte irgendwo als Geistlicher im Bürgerkrieg verbringt.

Und auch wenn mir die Mutter oft zu süßlich vollkommen war, vertritt sie Ansichten, die auch heute noch gelten und damals sicherlich auch auf Widerspruch gestoßen sind, z. B. sei es besser, glücklich und unverheiratet zu sein, als in einer unglücklichen Zweckehe leben zu müssen. Und zum Glück gehöre, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Das müsse nicht zwangsläufig im eigenen Heim geschehen. Und den Bräutigam suche man sich natürlich nicht des Geldes wegen aus und außerdem könne ein Mann erwarten, dass sich seine Frau auch für Dinge jenseits von Kleidern und Kindererziehung interessiere. Auch Frauen sollten intelligent über Politik sprechen können und die Männer bei der Kindererziehung mit einbezogen werden. Ehe sei eine Institution auf Augenhöhe.

Immer wieder zeigt die Erzählerin in all der Idylle auch einen robusten Humor, der das Ganze wohltuend erdet. Als Professor Bhaer Jo zu Hause besucht und abends im Familienkreis ein gemeinsames Ständchen vorschlägt, heißt es nur:

‚You will sing with me; we go excellently well together.‘ A pleasing fiction, by the way, for Jo had no more idea of music than a grasshopper; but she would have consented, if he had proposed to sing a whole opera, and warbled away, blissfully regardless of time and tune. (S. 581)

Was aus heutiger Sicht besonders aus der Zeit gefallen wirkt, ist das Loblied auf die Familie, man hilft einander, verzeiht einander, vertraut einander. Und vor allem: Man erzieht seine Kinder zu bestimmten Tugenden und steht zu seinen Wertvorstellungen der Nächstenliebe. Ja, Charakterbildung sei gar ein lebenslang andauernder Teil der Persönlichkeitsentwicklung. Bei den Diskussionen, die ich gerade mit Schülern zu der Frage führe, weshalb man das Video des australischen Terroristen, der in Neuseeland 50 Menschen ermordet hat, nicht anschauen sollte, frage ich mich manchmal, wie vielen Eltern eigentlich bewusst ist, dass Werteerziehung auch zu ihren Aufgaben gehört.

Doch hätte ich das Buch hier auf dem Blog vielleicht gar nicht erwähnt, ja, ich hätte es vermutlich nicht noch einmal gelesen, wäre es mir nicht in dieser speziellen Ausgabe begegnet. Bei dem 20-seitigen Vorwort, dem 41-seitigen Lebensabriss der Autorin und den zahllosen Erläuterungen, die sich jeweils links und rechts am Textrand befinden, war ein Kenner am Werk, nämlich John Matteson, ein Professor, der 2008 für seine Alcott-Biografie den Pulitzer Prize gewonnen hat.

Sowohl Vorwort, Lebenslauf als auch die Anmerkungen zum zeitgeschichtlichen Hintergrund helfen, vieles besser einordnen zu können und sich auch vor der ein oder anderen Fehlinterpretation zu hüten. So kommt dem modernen Leser das Buch mit seinen Bezügen zu Bunyans Pilgrim’s Progress sehr stark christlich geprägt vor, die Zeitgenossen bemängelten aber, dass das Buch sich eben nicht genügend auf die Religion beziehe, zumal Alcott einiges diametral entgegengesetzt zu Bunyans Pilgerreise gestalte.

Wir erfahren, dass Jo, in der Alcott sich selbst porträtierte, nach dem Willen der Autorin nicht hätte heiraten sollen, doch da machte ihr ihr Verleger einen Strich durch die Rechnung. Die LeserInnen forderten sehr ungestüm ein, dass Jo ihren Jugendfreund Laurie heiraten müsse. Dem jedoch verweigerte sich Alcott. Also musste ein „unmöglicher“ Bräutigam her, doch auch den schlossen die LeserInnen ins Herz.

Neben zeitgenössischen Rezepten, Liedern, Gedichten und Erläuterungen zu den zahlreichen literarischen Verweisen im Buch, die den Anspruch „normaler“ Jugendbücher weit hinter sich lassen, finden sich viele Hinweise darauf, wo die Geschichten von der autobiografischen Vorlage abweichen und wo Alcott ihre jungen Leserinnen vor gar zu realistischen Härten des Lebens verschonen wollte. Der Tod Beths im Buch wird abgemildert und verklärt, nichts im Gesicht der Verstorbenen deutet mehr auf die lange Leidenszeit hin. Doch im Tagebuch der Autorin klingt das nach dem Tod ihrer Schwester ganz anders:

What she had suffered was seen in the face, for at twenty-three she looked like a woman of forty, so worn was she, all her pretty hair gone. (S. 539)

Matteson hilft uns, die Brücke in die Vergangenheit zu schlagen und den Hintergrund, vor dem das Werk entstand, besser zu verstehen. Alcotts Vater beispielsweise, wahlweise ein Träumer und Phantast und in manchen Dingen seiner Zeit um Jahrzehnte voraus, aber auch jemand mit klaren Wertvorstellungen, führte kurzzeitig eine halbwegs florierende Schule. Man erzählte sich von ihm, dass ihm körperliche Züchtigung seiner Schüler zuwider war. Als er sich bei zwei aufmüpfigen Schülern nicht anders zu helfen wusste, befahl er ihnen, ihn, den Lehrer, mit dem Lineal zu schlagen. Die Jungen brachen in Tränen aus und waren von Stund an gehorsam.

Doch als er eine schwarze Schülerin aufnahm, nahmen die Eltern der weißen Schüler reihenweise ihre Kinder aus der Schule. Die Schule musste daraufhin wegen fehlender Einnahmen geschlossen werden.

Überhaupt setzten sich Alcotts für die Abschaffung der Sklaverei ein und waren als Transzendentalisten mit Emerson und Thoreau befreundet. Henry James hat sich bei einem gemeinsamen Abendessen die Mühe gemacht, Louisa extra darauf hinzuweisen, dass sie sich bitte nicht für ein Genie halten solle.  Die Gefahr bestand zwar ohnehin nicht, aber möglicherweise haben ihn die Verkaufszahlen der Schriftstellerin nachhaltig irritiert.

Und dass die über 700 Seiten noch üppig mit alten Illustrationen, Filmszenen und  Zeichnungen der künstlerisch begabten May Alcott, einer Schwester der Autorin, ausgestattet sind, sorgt dafür, dass dieser Ziegelstein auch optisch ein Genuss ist. Da gibt es beispielsweise Fotos aus dem ehemaligen Wohnhaus der Alcotts, in dem sich inzwischen ein Museum befindet, und wir sehen das mehr als 150 Jahre alte Hochzeitskleid von Anna Alcott Pratt, Porträts, Dokumente, Haarlocken und Fotos der Rezeptsammlungen der Familie.

Louisa May Alcotts Lebenslauf ist keineswegs so sonnig, wie man sich das von einer Autorin erfolgreicher Kinderbücher vielleicht vorstellt oder wie man ihr das gewünscht hätte. Im Gegenteil, an ihr blieb letztendlich die Hauptverantwortung hängen, die Familie bis zu ihrem Lebensende finanziell zu unterstützen, der Schwester May Europa-Aufenthalte für ihre Kunststudien zu ermöglichen, Elternstatt an verwaisten Nichten und Neffen zu übernehmen und sich um ihre eigenen Eltern zu kümmern. Die Belastungen führten so weit, dass sie ihren Eltern eingestand, immer öfter an Selbstmord zu denken. Dazu kamen zunehmende gesundheitliche Beeinträchtigungen. Ihr Traum, nach dem Abschluss ihrer March-Trilogie, die sie als Literatur nie so richtig ernst genommen hatte, endlich ein Werk für Erwachsene zu schreiben, erfüllte sich nicht. Schließlich starb sie nach längerer Krankheit zwei Stunden vor der Beerdigung des eigenen Vaters.

Matteson zieht folgendes Fazit:

The work at which she excelled […] seemed paltry to her. But it was a greater talent than she realized. Her children’s novels, and Little Women in particular, are more than genial entertainment. They are companions. Admitting freely that growing up is hard and that not all dreams come true, they illustrate the virtues and teach the values that form the foundations of a life bravely and honourably lived. (S. lxxvii)

Gastbeitrag: Anna Gavalda: 35 Kilo Hoffnung (frz. OA 2002)

Buchpost bekommt Verstärkung!

Und so stellt uns Klaus heute das bislang einzige Jugendbuch von Anna Gavalda vor, das von Ursula Schregel ins Deutsche übersetzt wurde.

In dem Roman beschreibt der 13-jährige David Dubosc das Drama seines Lebens. David ist ein Schulversager, der bereits zweimal sitzengeblieben ist, im Sportunterricht avancierte er zum Klassenclown und musste darum die Schule verlassen.

Nicht schwer sich vorzustellen, dass David alles in allem ein unglückliches Kerlchen ist. Dass seine Eltern nicht gut miteinander klarkommen, ist offensichtlich. Und David stellt sich die Frage, ob seine schlechten Leistungen in der Schule mit den Streitereien seiner Eltern zu tun haben.

Das Leben wäre wirklich zu grausam, gäbe es nicht noch Großvater Léon. Ein alter Ingenieur, ein Bastler, ein Versteher, ein Motivator, ein Rettungsanker. Wenn David mit seinem Großvater in dessen Bastelschuppen verschwinden kann, ist die Welt in Ordnung. Denn im Gegensatz zu seinem theoretischen Versagen ist David handwerklich ein Ass. Er erfindet eine Bananenschälmaschine, verbessert das Bügelbrett seiner Mutter, repariert den Rasenmäher und hilft dem Nachbarn beim Renovieren des neu gekauften Nachbarhauses. Mit seinem Opa baut er einen Schrank.

Aber die Welt ist eben nicht nur Sommerferien und ein Bastelschuppen. Und Opa Léon ist außerdem ein kranker Mann. David wird schließlich in einem Internat untergebracht, weg von zuhause. Und als Opa Léon ins Koma fällt, gibt David auf einmal Gas: Er strengt sich an wie nie in seinem Leben. Alle Anstrengung, alle Kraft sendet er seinem Opa…

Das sind die Zutaten, aus denen Anna Gavalda ihre Geschichte webt. Die Autorin lässt ihre Hauptfigur jugendgerecht sprechen und nutzt dabei geschickt die Möglichkeiten einer Erzählerin. Zum Beispiel wenn David von seiner bislang einzig guten Lehrerbeziehung berichtet und diese Sequenz abschließt mit:

In mein Vorschulzeugnis hatte Marie geschrieben: ,Dieser Junge hat ein Gedächtnis wie ein Sieb, Finger wie eine Fee und ein riesengroßes Herz. Es müsste gelingen, etwas daraus zu machen.‘ Das war das erste und das letzte Mal in meinem Leben, dass ein Lehrer etwas Nettes über mich sagte.

Kein Pädagoge würde so schreiben. Und doch sind es solche Sätze, die mir das Buch wertvoll machen. Es ist diese leise Botschaft, dass es Wichtigeres geben kann als Leistung, Anpassung und Erfüllung von Erwartungen. Man kann diese Geschichte als Kritik an einem einseitigen Schulsystem lesen.

Für mich gewährt dieses schmale Büchlein darüber hinaus einen Blick in die französische Seele. Und vor allem setzt Anna Gavalda mit ihrer Figur David Dubosc diese unglaubliche Wahrheit um, dass die innige Verbindung zwischen zwei Menschen schier Unmögliches bewirken kann. Und diese Erkenntnis ist für Gavaldas Leser nicht allein durch die Brille dieses heranwachsenden Jungen beschrieben, sondern mitten durch sein Herz. Anna Gavalda macht einen entscheidenden Reifungsschritt nicht nur sichtbar, sondern auch erlebbar.

Nach 85 Seiten hatte ich den Eindruck, einen ganzen Roman gelesen zu haben. Meiner Frau habe ich einmal gesagt, zu diesem Büchlein gibt es so viel zu sagen, ich könnte einen ganzen Abend damit füllen. Ob das stimmt, ist allerdings eine Frage für sich.

Eine andere Frage soll hier aber doch noch beantwortet werden, nämlich wer hier heute für uns geschrieben hat:

Ich bin Klaus. Ich lese gern und schreibe gern. Schreiben ist ja eine gute Form des Nachdenkens. Und hin und wieder spreche ich mit Anna über Bücher.

In meinem Arbeitsleben kümmere ich mich um pflegebedürftige Menschen. Alles, was mit der Organisation für diese Arbeit zusammenhängt, kommt bei mir an.

Die Fähigkeit, einen Blog aufzubauen, fehlt mir komplett. Und wenn ich meine Begabungen mit der Fotokamera beschreiben soll, dann am treffendsten so: Wenn ich einen Sonnenuntergang fotografieren soll, ist es finsterste Nacht, ehe ich zum ersten Mal den Auslöser drücke.

Darum bin ich dankbar, dass meine schriftlichen Produkte hier hin und wieder erscheinen dürfen.

James Matthew Barrie: Peter Pan (OA 1911)

Peter Pan, der ewige Junge, egoistisch und ziemlich vergesslich, lockt kurzerhand Wendy Darling und ihre zwei Brüder aus ihrem nächtlichen Schlafzimmer auf die geheimnisvolle Insel Nimmerland, wo sie jeden Tag neue Abenteuer zu bestehen haben.

An diesen Zauberstränden [des Nimmerlands] ziehen Kinder ewig ihre Boote an Land. Wir sind auch dort gewesen, können noch das Brausen der Brandung hören, werden aber nie mehr dort landen. Von allen erdenklichen Inseln ist das Nimmerland die gemütlichste und engste; nicht groß und ausgedehnt, mit ermüdenden Abständen zwischen einem Abenteuer und dem nächsten, sondern schön vollgestopft. (S. 20)

Peter war zunächst eine Figur in einem Theaterstück von James Matthew Barrie, das 1904 in London uraufgeführt wurde. Inspiriert wurde Barrie dabei von den Geschwisterkindern der Familie Llewelyn-Davies. Der Roman, mit dem wir heute normalerweise Peter Pan verbinden, erschien erst 1911.

Ich selbst hatte diesen angeblichen Klassiker der Kinderliteratur nie gelesen, doch als ich in der Buchhandlung die wunderschön gestaltete, deutsche Ausgabe des Coppenrath Verlages sah, schien mir das eine gute Gelegenheit, diese Lücke zu schließen. Die Illustrationen stammen von MinaLima Design, einem Grafikdesignstudio, das vor allem „durch die grafisch-visuelle Gestaltung der Harry-Potter-Filme“ bekannt wurde (siehe S. 254).

Um keine Bildrechte zu verletzen, verweise ich jetzt einfach mal auf den leider etwas hektisch geratenen Buchtrailer, der die beweglichen und ausklappbaren visuellen Effekte in Szene setzt, und auf eine Bilderstrecke, die noch einige weitere liebevoll gestaltete Seiten zeigt.

Die Erzählung selbst hat mich so gar nicht überzeugt. Neben der geradezu beiläufigen Gewalt fiel auch das klischeehaft alberne Frauenbild auf, das – selbst wenn man die Entstehungszeit berücksichtigt, eher chauvinistischem Wunschdenken entsprungen zu sein scheint. Wendy beispielsweise darf in Nimmerland vor allem die Jungen bemuttern, füttern, trösten und ihre kaputten Sachen stopfen. Dabei ist sie kaum älter als ihre Schutzbefohlenen.

Wendy hatte natürlich nicht mitgekämpft, sie hatte Peter mit leuchtenden Augen zugeschaut. (S. 220)

Aber ein paar Szenen und Ideen sind tatsächlich großes Kino.

Das Kindermädchen von Wendy Darling und ihren Brüdern ist eine stattliche Neufundländerhündin namens Nana. Und Mrs Darling hört zum ersten Mal von Peter Pan,

als sie die Gedanken ihrer Kinder aufräumte. Jede gute Mutter kramt in den Gedanken ihrer Kinder, wenn sie schlafen, und ordnet sie für den nächsten Morgen und packt alle wieder an den rechten Platz. […] Es ist wie Schubladen aufräumen. Du würdest sie auf den Knien sehen, vermute ich, wie sie belustigt ein paar Dinge anschaut und sich fragt, wo in aller Welt du die denn aufgegabelt hast, wie sie schöne und weniger schöne Entdeckungen macht, wie sie das eine an ihre Wange drückt und das andere eilig wegpackt. Wenn du am Morgen aufwachst, sind die Ungezogenheiten und schlechten Angewohnheiten, mit denen du zu Bett gegangen bist, fein säuberlich zusammengefaltet und ganz unten in deinem Kopf verstaut; und oben, schön gelüftet, liegen die besseren Gedanken, dass du sie gleich benutzen kannst. (S. 17/18)

Auch das Wohnschlafzimmer von Tinkerbell, der kleinen eifersüchtigen Fee, hat es mir angetan.

Die Couch […] war echtes Feenrokoko, mit geschwungenen Beinen. Die Bettdecke wechselte sie mit der Jahreszeit, je nachdem, welche Blütenblätter es gerade gab. Der Spiegel war original Schneewittchen, wovon es nur noch drei vollständig erhaltene Exemplare im Feenhandel gibt. Der Waschtisch war Marke Kuchenform und verstellbar, die Kommode echt Prinzessin Chippendale und Teppich und Bettvorleger waren bester Gestiefelter Kater (die frühe Periode). Es gab einen Kronleuchter der Firma Hutmacher & Haselmaus, aber bloß zum Angucken – natürlich machte Tink in ihrem Prunkgemach selbst Licht. (S. 113)

Interessanter als die Geschichte selbst fand ich die kulturellen Wurzeln des Puer Aeternus, des ewigen Jungen, der schon von Carl Gustav Jung als psychologischer Archetyp gedeutet wurde. Die Spuren führen bis zur Neverland-Ranch von Michael Jackson, der sich selbst als Peter Pan bezeichnete.

Und der amerikanische Familientherapeut Dan Kiley veröffentlichte 1984 ein Buch über das Peter-Pan-Syndrom, in dem es um Männer geht, die „nie erwachsen werden“. Das Buch wurde später auch ins Deutsche übersetzt und hat sich wohl tadellos verkauft.

John Meade Falkner: Moonfleet (1898)

Das Dorf Moonfleet liegt eine halbe Meile von der See am rechten oder westlichen Ufer des Bächleins Fleet. Dieses Rinnsal fließt so schmal an den Häusern vorbei, dass ich von guten Weitspringern gehört habe, die es ohne die Hilfe eines Stabes überwunden haben, verbreitert sich unterhalb des Dorfes in die Salzmarschen hinein und verliert sich schließlich in einem Brackwasserteich. […] Von der offenen See ist er durch einen riesigen, breiten Kieselstrand oder Damm getrennt, auf den ich später noch zurückkommen werde. Als ich noch ein Kind war, glaubte ich, dieser Ort werde Moonfleet genannt, weil in ruhigen Nächten, gleich ob im Sommer oder in der Winterkälte, der Mond so hell auf die Lagune schien. Später erfuhr ich dann, dass der Name nur eine Abkürzung für Mohunefleet war, von den Mohunes her, einer bedeutenden Familie, die früher einmal über die ganze Gegend herrschte.

So beginnt der Abenteuerroman Moonfleet (1898) des englischen Geschäftsmannes und Autors John Meade Falkner. Das Buch wurde von Michael Kleeberg ins Deutsche übersetzt und erschien 2016 im liebeskind Verlag.

Die Geschichte  nimmt 1757 ihren Ausgang im beschaulichen Moonfleet an der südenglischen Küste von Dorset, das auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat.

Heute lebten keine zweihundert Seelen mehr in Moonfleet, aber dennoch zerstreuten sich die Häuser, in denen sie wohnten, trist über eine halbe Meile hin, in großen Abständen zu beiden Seiten der Straße. Nichts im Dorfe wurde jemals erneuert, benötigte eines der Häuser dringend Reparaturen, riss man es gleich ab, und so gab es entlang der Straße viele Zahnlücken und überwucherte Gärten mit verfallenen Mauern, und viele der Häuser, die noch standen, wirkten so, als würden sie nicht mehr allzu lange bestehen. (S. 7)

Die Menschen leben vom Fischfang und vom Schmuggel mit Frankreich. Sie erzählen einander wilde Räuberpistolen und schaurige Legenden. Und besonders John Trenchard, ein 15-jähriger Waisenjunge, träumt davon, den sagenumwobenen und mit einem Fluch belegten Diamanten des Colonel Mahone zu finden, der vor 100 Jahren verstorben und in der Gruft unterhalb der Kirche bestattet ist.

Eines Tages überwirft sich John mit seiner lieblosen Tante und zieht zu seinem väterlichen Freund Elzevir Block, der in Moonfleet die Kneipe betreibt.

Doch spätestens, als Maskew, der von allen gehasste Friedensrichter mit der wunderhübschen Tochter Grace, den Schmugglern im Ort den Krieg erklärt und bei einer Razzia ohne Not Elzevirs Sohn David erschießt, ist es mit der Idylle vorbei.

Und ist ein Schiff einmal auf Grund gelaufen, dann kennt die See kein Erbarmen, denn der Grund fällt steil ab und die Wellen brechen sich auf den Kieseln mit einem Gewicht, dem kein Balken standhält. Versuchen die armen Teufel aber, sich zu retten, dann geraten sie in eine tödliche Unterströmung des Wassers, ein Zurückfluten der Wellen, das sie von den Beinen holt und wieder unter die donnernden Brecher zieht. Es ist dieses Schlürfen der Kiesel in der Rückströmung, das man noch meilenweit im Hinterland hören kann, bis Dorchester, in stillen Nächten und lange nachdem die Winde, die es hervorriefen, sich gelegt haben, und dann drehen sich die Leute in ihren Betten auf die andere Seite und danken dem lieben Gott, dass sie nicht am Strande von Moonfleet gegen die Wellen ankämpfen müssen. (S. 26/27)

Und so erzählt uns John, der seinen Freund Elzevir mehr als einmal in lebensgefährliche Situationen bringt, nun eine Abenteuer- und Schatzsuchergeschichte mit viel Lokalkolorit, mit spannenden und manchmal arg konstruierten Wendungen, brutaler Zwangsarbeit, hohem Wellengang und einer geradezu übermenschlichen Freundschaft. Dass der Held dabei vom Jungen zum Mann heranreift und auch eine märchenhafte Liebe, die aller Unbill trotzt, nicht fehlen darf, versteht sich von selbst.

Mein Junge, die Männer, die ich gekannt habe, haben ihr Leben für alles Mögliche aufs Spiel gesetzt: für Gold, für die Liebe, aus Hass, aber keiner von ihnen hätte den Tod am Bart gezaust, um einen Baum, einen Wasserlauf oder einen Stein wiederzusehen. Und wenn ein Mann sagt, er liebe ein Haus oder eine Stadt, dann kannst du sicher sein, dass es nicht der Ort ist, den er liebt, sondern jemand, der dort lebt. Oder aber er hat dort früher einmal jemanden geliebt und möchte jetzt den Ort wiedersehen, um schöne Erinnerungen wachzurufen. Wenn du also von Moonfleet sprichst, denke ich mir, dass du dort jemanden wiedersehen möchtest, oder hoffst, dass es geschehe. (S. 217)

Eine kurzweilige und leicht bekömmliche Mischung aus Herr-der-Ringe, Tom Saywer, Robinson Crusoe und der Schatzinsel, die mir vor ca. 40 Jahren vermutlich noch besser gefallen hätte.

Das Buch wurde übrigens nicht nur verfilmt, sondern diente auch Chris de Burgh als Inspiration für sein Album Moonfleet & other stories (2010) …

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Selma Lagerlöf: Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden (1906)

Manchmal ist es ja auch von Vorteil, wenn man Klassiker erst im vorgerückten Alter für sich entdeckt. Dann kann man gleich davon profitieren, dass die erste vollständige Ausgabe dieses als Schulbuch gedachten Werkes erst jetzt auf Deutsch vorliegt.

Es war einmal ein Junge. Er war vielleicht vierzehn Jahre alt, lang und schlaksig und flachshaarig. Viel taugte er nicht: Am liebsten schlief oder aß er, und am zweitliebsten trieb er Unfug. Jetzt war es Sonntagmorgen, und die Eltern des Jungen waren dabei, sich zurechtzumachen, um zur Kirche zu gehen. Der Junge aber saß im Hemd auf der Tischkante und dachte, wie gut es sei, daß Vater und Mutter beide fortgingen. So könne er ein paar Stunden machen, was er wollte. ‚Dann kann ich Vaters Gewehr herunterholen und ein bißchen schießen, und es redet mir keiner hinein‘, sagte er zu sich selbst.

So beginnt also die vollständige deutsche Fassung des schwedischen Nationalklassikers von Nils Holgerssons wunderbare Reise durch Schweden (OA 1906; neu übersetzt von Thomas Steinfeld 2014; Sonderausgabe der Anderen Bibliothek) von Selma Lagerlöf.

Zum Inhalt

Der Inhalt dürfte den meisten bekannt sein: Der faule, widerborstige und grobe vierzehnjährige Gänsehirte, der den Eltern nur Verdruss bereitet und die Tiere auf dem heimischen Hof in Südschweden quält, wird zur Strafe von einem Wichtel auf Wichtelgröße geschrumpft. Immerhin kann Nils sich ab sofort mit jedem Tier unterhalten.

Just als er den zahmen Gänserich Marten daran hindern will, sich den in den Norden ziehenden Wildgänsen anzuschließen, und ihn versucht festzuhalten, fliegt Marten los. Und so beginnt das große Abenteuer, das die Gänseschar und ihren kleinen, zunächst unfreiwilligen Begleiter durch ganz Schweden und in eine Reihe gefährlicher Situationen bringt, in denen sie sich in mancherlei Hinsicht bewähren müssen.

Da gibt es Smirre, den Fuchs, der den Gänsen tödliche Rache geschworen  hat, oder den erbarmungslosen Kampf der Grauratten gegen die Schwarzratten, in dem ihre Hilfe benötigt wird. Dann wieder haben sie Nils verloren oder einer der ihren muss von Nils gerettet werden.

Die Reisegefährten erfahren, wie die Riesen verschiedene Landschaften geformt haben, schlichten Händel, retten bedrohte Wesen und nehmen Teil am jährlich stattfindenden Tanz der Kraniche auf dem Kullaberg.

Und dann kamen die grauen Vögel, in die Farben der Abenddämmerung gekleidet, mit Federbüschen an den Flügeln und rotem Federschmuck im Nacken. Die großen Vögel […] kamen den Hügel hinuntergeglitten in geheimnisvollen Schwindel. Während sie vorwärtsglitten, drehten sie sich, halb fliegend, halb tanzend. […] Es war etwas Wunderbares und Fremdes an ihrem Tanz. Es war, als ob graue Schatten ein Spiel darboten, dem das Auge kaum zu folgen vermochte. Es war, als ob sie es von den Nebeln gelernt hätten, die über den einsamen Mooren schweben. Es lag ein Zauber darin. […] Es lag Wildheit darin, und trotzdem war das Gefühl, das er weckte, eine milde Sehnsucht. Niemand dachte mehr ans Kämpfen. Statt dessen wollten alle, die Geflügelten und die, die keine Flügel hatten, sich ins Unendliche erheben, über die Wolken hinaufsteigen, herausfinden, was jenseits davon lag, den Körper verlassen, der sie beschwerte und zur Erde hinabzog, und fortschweben, dem Überirdischen entgegen. (S. 95)

Nils durchläuft dabei wesentliche Stationen auf dem Weg in ein verantwortliches Erwachsenenleben. Er lernt, was Freundschaft, Treue und Hilfsbereitschaft bedeuten, und häufig kommt er in Situationen, in denen er zusammen mit dem Leser, z. B. durch belauschte Gespräche, unendlich viel über sein Heimatland, dessen Geographie und wirtschaftliche Grundlagen, dessen Bräuche,  Feste und Landschaften erfährt. Wir beobachten die Arbeiten in Holzfällerlagern, in Bergwerken, auf den Feldern und gehen mit Fischern auf See. Wir fliegen über Moore, Felder, Wälder und ruhen abends in niedrigen Wassern aus, in sicherer Entfernung zu den Feinden.

Und immer wieder werden uns Sagen und Legenden erzählt, die zu bestimmten Gegenden gehören.

Schließlich steht Nils vor der größten Herausforderung der langen Reise: Der Wichtel, der ihn verzaubert hatte, hat verfügt, dass er nur dann in einen Menschen zurückverwandelt werde, wenn er Marten wohlbehalten zurück auf den elterlichen Hof bringt. Doch das ist leider nur ein Teil der Bedingung.

Fazit

1901 fragte der Lehrerverband bei Lagerlöf an, ob sie sich vorstellen könne, auf ca. 200 Seiten ein „an die veränderten Vorstellungen von Pädagogik angepasstes Lesebuch für Geografie und Naturkunde“ (S. 680) zu schreiben.

Doch erst 1906 erschien der erste Band, denn zunächst fand Lagerlöf keine Möglichkeit, all die Geschichten, Themen und Märchen zu einem zusammenhängendem Text zu verbinden. Erst mit der Idee, Nils mit den Wildgänsen durch und über Schweden fliegen zu lassen, fügte sich alles zu einem organischen und wunderbar anschaulichen Ganzen zusammen.

Ich war überrascht über die deutlichen Aufforderungen zu Tier- und Umweltschutz:

Doch es ist ungewiß, wie lange sie (die Vögel) die Herrschaft über Rohrdickicht und morastige Ufer behalten können, denn die Menschen können nicht vergessen, daß der See sich über eine große Fläche guter und fruchtbarer Erde ausbreitet, und immer wieder kommen unter ihnen Vorschläge auf, daß man ihn trockenlegen sollte. Würden diese Vorschläge verwirklicht, wären viele Tausende von Wasservögeln gezwungen, die Gegend zu verlassen. (S. 223)

Und so begannen sie (die Menschen), Bauholz und Bretter aus dem Wals zu holen und an die Bewohner des flachen Landes zu verkaufen, die ihren eigenen Wald schon aufgebraucht hatten. Sie merkten bald, daß sie ihr Brot mit dem Wald verdienen konnten, wie sie es zuvor mit dem Acker und der Grube getan hatten, nur daß sie vernünftig damit umgehen mußten. Und da fingen sie an, den Wald auf eine andere Weise zu betrachten als früher. Sie lernten, ihn zu pflegen und zu lieben. (S. 254)

Überrascht hat mich auch, dass Tod, Auswanderung, Krankheit und Armut so ganz en passant und doch in aller Deutlichkeit geschildert werden. Nichts wird in Frage gestellt, das Gemeinwesen ist geordnet, die wichtigen Momente im Leben werden von der Kirche begleitet und alles wird von einem Grundton positiver Fortschrittserwartung getragen, deshalb wird auch immer wieder das Loblied der Bildung gesungen.

Es gab vieles, was einem verlorenging, wenn man für immer mit den Tieren leben sollte. Menschen waren doch ganz außerordentliche und tüchtige Wesen. (S. 100)

Doch das hat meiner Freude am Buch keinen Abbruch getan und die 699 Seiten (einschließlich vieler Illustrationen und eines höchst informativen Nachworts) vergingen „wie im Flug“. Ja, das Ende kam fast ein wenig abrupt. Hätte ich als Kind so ein Buch gelesen, wären meine Geografiekenntnisse vielleicht auch nicht so kümmerlich… Und was für eine schöne Idee, ein Land sozusagen von oben, mit dem ganz weiten Blick, zu entdecken, und das Anfang des 20. Jahrhunderts.

Letztlich war es wie ein an allen Ecken und Enden überbordendes Märchen, bei dem man tiefe Charakterschilderungen vergeblich sucht, das aber nie seinen roten Faden verloren hat.

Dass sich schon bald Lehrer darüber beklagten, dass sie das Buch nicht in der vorgesehenen Unterrichtszeit bewältigen würden, wundert mich allerdings nicht.

Hier geht es lang zu einer begeisterten Besprechung in der ZEIT und das sagt die WELT.

Und auf HERLAND gibt es einen superinformativen Beitrag der renommierten Übersetzerin Gabriele Haefs zur Autorin und ihrer Rolle als Frau in einer Männerwelt.

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Peter Braun: Von Blechtrommlern und Nestbeschmutzern (2010)

Randbemerkung in einem Schulbuch, eingetragen im Sommer 1934: ‚Leck mich am Arsch, Faschisten-Häuptling.‘ Der Schüler ist sechzehn, der das schreibt. ‚Tod den Braunen.‘ Sein Schulweg ist längst nicht mehr sicher. Jungnazis schlägern in den Straßen von Köln. Sie verprügeln gleichaltrige ‚Gesinnungslumpen‘, besonders gern die kirchennahen, zu denen der Schüler gehört.

So beginnt das erste Kapitel – zu Heinrich Böll – in Von Blechtrommlern und Nestbeschmutzern: Deutsche Literaturgeschichte(n) nach 1945, einer lesenswerten Einführung in die deutschsprachige Nachkriegsliteratur von Peter Braun, die wohl vor allem für junge Leserinnen und Leser gedacht ist und 2010 erschien.

Peter Braun (1960 – 2016) wird auf auf seiner Homepage folgendermaßen vorgestellt:

gelernter Kfz-Mechaniker, arbeitete nach seinem Studium der Zahnmedizin als Publizist und freier Journalist.

Kennt jemand einen kürzeren Lebenslauf?  Und diese knappe, sofort auf den Punkt kommende Sprache zeichnet auch seine Einladung zum Entdecken der deutschsprachigen Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg aus.

Insgesamt fünfzehn Schriftstellerinnen und Schriftsteller werden näher beleuchtet, und zwar in enger Verzahnung von Biografie, ihren wichtigsten Werken und der gesellschaftlich-politischen Großwetterlage. Das liest sich flott, durchaus zum Widerspruch anregend. Ich vermisste z. B. Elias Canetti, der immerhin 1981 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Die Lyrik wird nur gestreift und Nelly Sachs gar nicht erwähnt (Nobelpreis 1966). Erich Kästner wird nur als Autor von Kinderbüchern und Lyriker vorgestellt. Kein Wort über seine Romane für Erwachsene. Leider gibt’s auch keine Quellenangaben.

Aber der herrlich unakademische, d. h. überaus lesbare Stil und die Fülle an Informationen machen das wett und vor allem eins: Lust, sofort mindestens zehn der genannten Romane wieder aus dem Regal zu fischen.

Mein Neffe ist vier, also doch noch ein wenig zu jung für das Buch, aber egal, ich habe Brauns Band Von Taugenichts bis Steppenwolf schon neben mir liegen.

… viele Bücher der Weltliteratur wurden irgendwo, irgendwann von irgendwem untersagt. Das wohl erstaunlichste Buchverbot: 1998, Kalifornien. Zwei Schulen verwehrten ihren Schülern das Märchen Little Red Riding Hood, das Rotkäppchen der Gebrüder Grimm. Begründung: Im Korb mit Geschenken, den Rotkäppchen zur Großmutter trägt, liegt eine Flasche Wein. Dies würde die Schüler zum Trinken verleiten. (S. 53)

Und noch eine völlig irrelevante Fußnote meinerseits: Im Kapitel über Thomas Bernhard wird Hedwig Stavianicek nicht erwähnt, die der Dichter als seinen „Lebensmenschen“ bezeichnete, dem er buchstäblich alles verdanke. Dieser Begriff geht angeblich auf Goethe zurück, dort noch in der Bedeutung „Mensch des Lebensgenusses“. 2008 dann wurde „Lebensmensch“ in Österreich zum Wort des Jahres.

Dies war eine Folge seines hohen Verbreitungsgrades im Oktober 2008, als Stefan Petzner den kurz zuvor tödlich verunglückten Jörg Haider in den Medien unter Tränen als seinen „Lebensmenschen“ bezeichnet hatte. (Wikipedia)

Peter Braun hat sich in Von Schatzinseln und weißen Walen (2011) auch der klassischen Abenteuerliteratur angenommen.

Rupert Kingfisher: Madame Pamplemousse and Her Incredible Edibles (2008)

In the city of Paris, on the banks of the river, tucked away from the main street down a narrow, winding alley, there is a shop. A small, rather shabby looking shop with faded paintwork, a dusty awning and dark, smoky windows.

So beginnt

Rupert Kingfisher: Madame Pamplemousse and Her Incredible Edibles (2008)

Der erste Kinderbuchband um Madame Pamplemousse, die in ihrem leicht düsteren Laden so seltsame Dinge verkauft wie Bisonfleisch, Minotaurussalami, Krokodilnierchen, Kobrahirn und Zunge vom Tyrannosaurus Rex. Manche ihrer Käsesorten stammen noch aus dem Mittelalter – und riechen entsprechend. Ihr zur Seite steht der übellaunige weiße Kater Camembert.

Camembert was a stray that had wandered in off the streets one night after a particularly vicious encounter with a pack of Siamese. During the fight, Camembert had lost one of his eyes, but this was nothing compared to what had happened to the Siamese. Suffice it to say, he had since become known as a cat you don’t mess with. From the first, he and Madame Pamplemousse had taken an instant liking to each other, and they lived together in perfect harmony, even though he would sometimes upset the customers by threatening to bite the ones he didn’t like. (S. 7)

Es gibt die Bösen, die Guten, die Geheimnisvollen, Humor und Spannung. Ein schönes modernes Kinderbuchmärchen, das richtig Spaß gemacht hat.

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Pamela Lyndon Travers: Mary Poppins (1934)

If you want to find Cherry Tree Lane all you have to do is ask the Policeman at the crossroads. He will push his helmet slightly to one side, scratch his head thoughtfully, and then he will point his huge white-gloved finger and say: ‘First to your right, second to your left, sharp right again, and you’re there. Good morning‘.

So beginnt

Pamela Lyndon Travers: Mary Poppins (1934)

Es macht Spaß, den ersten Band der Poppins-Reihe zu lesen. Wie schade, dass meine Eltern mir diese Bücher nicht haben geben können, da sie sie selbst nicht kannten.

Während eines heftigen Ostwindes kommt Mary Poppins zu den Banks und stellt sich als das neue Kindermädchen für Jane, Michael und die Zwillinge vor, die noch im Babyalter sind. Schon die Art ihrer Ankunft ist ein wenig ungewöhnlich, was allerdings nur Jane und Michael auffällt:

Then the shape, tossed and bent under the wind, lifted the latch of the gate, and they could see that it belonged to a woman, who was holding her hat on with one hand and carrying a bag in the other. As they watched, Jane and Michael saw a curious thing happen. As soon as the shape was inside the gate the wind seemed to catch her up into the air and fling her at the house. […] The watching children heard a terrific bang, and as she landed the whole house shook. (S. 17 der Taschenbuchausgabe)

Später am Abend fragt Jane:

‚How did you come?‘ Jane asked. ‚It looked just as if the wind blew you here.‘

‚It did,‘ said Mary Poppins briefly. (S. 19)

Eine wunderbare, zauberhafte und aufregende Zeit beginnt. Mary ist außerordentlich streng, eitel und oft sehr kurz angebunden, ja fast ein wenig übellaunig, aber sie kümmert sich mehr um die Kinder als die Eltern. Mr Banks muss schließlich den ganzen Tag arbeiten und Mrs Banks hat trotz Köchin, Zimmermädchen und Gärtner keine Zeit, sich ernsthaft mit ihnen zu beschäftigen. Im Stillen vergleichen Jane und Michael ihre Mutter sogar mit den „silly, anxious, soft blue doves“ (S. 95), die sie in der Nähe von St. Paul’s Cathedral füttern.

Und so erleben sie die merkwürdigsten Abenteuer, wie z. B. eine Einladung zum Kaffeetrinken bei Marys Onkel, bei der sie alle direkt unter der Zimmerdecke sitzen und viel Spaß haben, eine Nacht im Zoo, bei der die Menschen, die nach Torschluss noch auf dem Gelände angetroffen wurden, die Nacht in den Gehegen und Käfigen verbringen müssen, während die Tiere eine ausgelassene und friedliche Geburtstagsparty feiern. Auch ganz ernsthafte Themen werden durch die Abenteuer angesprochen, sei es das Älterwerden oder die Tatsache, dass man manchmal gern etwas Böses tut und dann gar keine Gewissensbisse hat.

Hier ist die Fantasie ein Ausweg aus der dumpfen Langeweile und den fehlenden Anregungen zu Hause. Allerdings gibt Mary schon zu Beginn zu bedenken, dass sie nur so lange bleibt, bis der Wind sich dreht.

Travers hat von 1934 bis 1988 insgesamt acht Bände um das Kindermädchen Mary Poppins veröffentlicht. Das Kapitel „Bad Tuesday“ aus dem ersten Band, das inzwischen als rassistisch und klischeebeladen galt, hat sie erst in den achtziger Jahren überarbeitet.